Im Landkreis Nienburg und Umgebung gibt es zahlreiche Laientheatergruppen, die die plattdeutsche Mundart pflegen. Zumeist werden abendfüllende Stücke in mehreren Akten aufgeführt. Die recht junge Theatergruppe des Dörpsvereins Höfen wurde auf eine Initiative von Steffi hin gegründet und ist zu einem weiteren Bestandteil des dörflichen Lebensgeworden. Mehrere Interessierte kamen im Oktober 1996 zusammen und es wurde beraten, wie vorgegangen werden sollte. Hilfreich waren dabei die Erfahrungen der einen oder anderen „etablierten“ Gruppen aus den umliegenden Dörfern.
So wurden schließlich die ersten Stücke angefordert und gelesen, durchgesprochen und verworfen, bis man als erstes Stück „Dat Sparkassenbook“ von Fritz Völker auswählte, aus dem auch der Name unserer Theatergruppe stammt. Mutig und teilweise ein wenig unwissend entschlossen wir uns, gleich im ersten Jahr mit unserem Stück am kreisweiten Theaterwettbewerb teilzunehmen.
Die Probenzeit
In jedem Jahr werden ca. 8Theaterstücke bei einem Verlag bestellt, die an die Mitglieder der Gruppeverteilt werden. Bei einem ersten Treffen, etwa im Oktober, stellt jedes Mitglied sein Buch vor und erläutert, wie viele Schauspieler für das Stück benötigt werden und wie das Bühnenbild auszusehen hat. Da unsere Bühne verhältnismäßig klein ist – die Aufführungen erfolgen in der ehemaligen Schule – muss hier immer sehr darauf geachtet werden, was machbar ist. Stammspieler sind vorhanden, bei unbesetzten Rollen wird im Dorf herumgesucht und so lange geredet, bis der Neuling sich traut.
Ist dann ein Stück ausgewählt, wird ein kompletter Satz für Darsteller, Souffleuse und Technik bestellt. Zunächst wird etwa einmal wöchentlich gemeinsam gelesen, Wörter übersetzt (da jede Region ihr eigenes Plattdeutsch spricht) und schließlich werden die Dialoge auf Kassette aufgenommen. Jeder Darsteller, der möchte, erstellt sich von dieser Kassette eine Kopie, um den Text besser zu erlernen, denn bald soll schon etwas freier gesprochen werden. Besonders hervorzuheben ist die Tatsache, dass vor allem die jüngeren Darsteller im Alltag überhaupt kein Plattdeutsch sprechen, so dass es für sie noch mehr Mühe bedeutet, ihren Text zu lernen.
Die ersten Versuche, neben dem gelernten Text auch noch die Gestik einzustudieren, finden nach 4 bis 5 Wochen statt. Da die ehemalige Schule ein Mehrzweckgebäude ist, steht die Bühne nicht von Beginn an zur Verfügung. So lange wird provisorisch geübt. Aber natürlich machen sich die Techniker, die Requisiteure und auch die Maskenbildnerin schon langevorher darüber Gedanken, wie später alles auszusehen hat, was hinter der Bühne bereit liegen muss, wie Töne und andere Effekte zu verwirklichen sind, und wie die Personen aussehen sollen. Bei uns wird alles gemeinsam überlegt und besprochen. Es gibt niemanden, der nur für eine Sache zuständig ist. Da wird der Darsteller zum Erfinder, die Souffleuse zur Köchin, etc. Aus jedem Haushalt wird etwas für das Bühnenbild und für die Kostüme herangekarrt.
Nach 3 bis 4 Monaten Probe, in der Endphase mehrmals wöchentlich, erfolgen im April die Aufführungen. Da der große Klassenraum ca. 100Leute fasst, spielen wir je nach Bedarf 4 bis 5Mal an zwei aufeinander folgenden Wochenenden. Donnerstagabend findet die öffentliche Generalprobe statt, jeweils Freitag und Samstag Abend und Sonntagnachmittag sind weitere Aufführungen. Die Dorfgemeinschaft ist dankbar für eine weitere Veranstaltung und viele sehen sich das Stück auch mehrmals an, zumal anschließend immer ein gemütlicher Abschluss in unserem Dörpshus stattfindet.
In der Theatergruppe gibt es ein starkes Gemeinschaftsgefühl, so werden z. B. zusammen Aufführungen anderer Theatergruppen besucht oder Grillnachmittage veranstaltet. Auch bei den Proben kommt die Geselligkeit nicht zu kurz. Nach der letzten Aufführung ist man jedoch auch froh, wenn man sich nicht mehr täglich auf der Pelle hockt. Viele Darsteller denken nach dem letzten Vorhang „Das tue ich mir nicht noch mal an. Ichschone meine Nerven.“ und stehen dann doch pünktlich im Oktober wieder bereit, um ihre Rolle zu übernehmen. Wer einmal Blut leckt …
Wettbewerb „Vörhang up“
Bis zum Jahr 1998 wurde der kreisweite Theaterwettbewerb von den Sparkassen Uchte und Nienburg und der Heimatzeitung „Die Harke“ durchgeführt.
1999 gründete sich der Verein „Vörhang up“, dessen Mitglieder die einzelnen Theatergruppen des Kreises sind. Dieser Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, das plattdeutsche Theaterspiel weiter zu fördern und wurde auch zum Ausrichter des Theaterwettbewerbes. Jurymitglieder mussten gefunden werden, die sich jedes Jahr die Mühe machen, die Theaterstücke der Gruppen aus dem Nord- und Südkreisanzusehen und zu bewerten. Viele Kilometer werden hierbei verfahren und viele Wochenenden geopfert.
Der große Tag für alle Theatergruppen ist ein Samstag Anfang Mai, wenn die Ergebnisse bekannt gegeben werden. In den letzten Jahren fand dieser Prämierungsabend in der „Schweizer Lust“ in Liebenau statt, wo die meisten Gruppen zahlreich erscheinen. Jedes Jahr gestaltet eine Theatergruppe das Rahmenprogramm. Nach der Überreichung der Urkunden und Pokale für die ersten bis dritten Sieger, spielt eine Band zum Tanz auf.
Bisherige Aufführungen
1997 „Dat Sparkassenbook“von Fritz Völker
1998 “Ünnberböxen ut Paris“ von …
1999 „Ehrlich is an swörsten“ von …
2000 „Pension Harms“ von Günther Müller
2001 „Stickelwier üm’t Himmelbett“ …
2002 „Nie wedderMallorca“ von Wolfgang Gerth
2003 „Swineree up Hinner’s Hoff“ von Helmut Schmidt
2004 „… un baven wahnenEngel“ von Jens Exler
2005 „De Aantenkrieg“von Walter G. Pfaus
2006 „Vaders allerlesde Will“ von Ewald Christophers
2007 „De Akte Hannibal“ von Stefan Taphorn
2008 „Pension Sünnschien“ von Karl Wittlinger
2009 „EenFall för’t Himmelbett“ von Konrad Hansen
2010 „Jümmer wedder nachts Klocke veere“ von Rolf Sperling und Stefan Bermüller
2011 „Mannslüesind ook bloß Minsken“von Uschi Schilling
2012 „De Wiewer van’n Uhlenbarg“ von Helmut Schmidt
2013 „Een Butler up’n Buurnhoff“ von Hans Schimmel
2014 „Krusen Kraam“ von Helmut Löwenstein
2015 „Dat Wald-Camp van Höm“ von Helmut Schmidt
2016 „Brägenklöterigun mehr“ von Karl-Heinz Alfred Hahn
2017 „Ik krieg `n Affen!“ von Rolf Sperling
2018 „Paradiesvogel in ´nFienripp-Schlüpfer“ von Jennifer Hülser
2019 „Dütmaal wat mit Niveau!“ von Andreas Heck
2020, 2021, 2022 und leider auch in 2023 wurden wegen der Kontaktbeschränkungen während der Corona-Pandemie keine Theaterstücke aufgeführt
2024 „Heinrich un dat Etablissement“ von Carl Slotboom. Plattdeutsch von Klaus Hillen.